KRITIS – Verordnung zur Bestimmung Kritischer Infrastrukturen nach dem BSI-Gesetz :
Anhang 1 (zu § 1 Nummer 4 und 5, § 2 Absatz 5 Nummer 1 und 2) Anlagenkategorien und Schwellenwerte im Sektor Energie

Teil 1: Grundsätze und Fristen

1. Für die in Teil 3 Spalte B genannten Anlagenkategorien gelten vorrangig die Begriffsbestimmungen nach § 3 des Energiewirtschaftsgesetzes und nach § 2 des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung.

2. Im Sinne von Anhang 1 ist oder sind

a) Erzeugungsanlage

eine Anlage im Sinne des § 3 Nummer 18d des Energiewirtschaftsgesetzes. Diese Kategorie umfasst auch Anlagen zur Speicherung von elektrischer Energie sowie dezentrale Energieerzeugungsanlagen im Sinne des § 3 Nummer 11 des Energiewirtschaftsgesetzes.

b) Anlage oder System zur Bündelung und Steuerung elektrischer Leistung

eine Anlage oder ein System zur Bündelung elektrischer Leistung und Steuerung von Erzeugungsanlagen oder dezentraler Energieerzeugungsanlagen, insbesondere zur Anwendung bei Direktvermarktungsunternehmen im Sinne des § 3 Nummer 17 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Unter den Begriff der Steuerung fallen auch die die Anlagen betreffenden Schalthandlungen.

c) Übertragungsnetz

ein Netz zur Übertragung im Sinne des § 3 Nummer 32 des Energiewirtschaftsgesetzes.

d) Zentrale Anlage oder System für den Stromhandel

eine Anlage oder ein elektronisches Handelssystem, das den physischen, kurzfristigen Spothandel sowie den Terminhandel mit Energie für das deutsche Marktgebiet betrifft.

e) Stromverteilernetz

ein Netz zur Verteilung von Elektrizität im Sinne des § 3 Nummer 37 des Energiewirtschaftsgesetzes.

f) Gasförderanlage

eine Anlage zur Förderung von Erdgas aus einer Bohrung.

g) Anlage zur zentralen standortübergreifenden Steuerung

eine Anlage oder ein IT-System, durch das eine oder mehrere Anlagen standortübergreifend gesteuert oder überwacht werden.

h) Fernleitungsnetz

ein Netz zur Fernleitung im Sinne des § 3 Nummer 19 des Energiewirtschaftsgesetzes.

i) Gasgrenzübergabestelle

eine Netzkoppelstelle, die in der Regel zwischen einem deutschen Fernleitungsnetz und dem eines anderen Staates besteht, soweit diese nicht von einem deutschen Fernleitungsnetzbetreiber als Bestandteil dessen Fernleitungsnetzes betrieben wird.

j) Gasspeicher

eine Speicheranlage im Sinne des § 3 Nummer 19c des Energiewirtschaftsgesetzes.

k) Gasverteilernetz

ein Netz zur Verteilung von Gas im Sinne des § 3 Nummer 37 des Energiewirtschaftsgesetzes.

l) Gas- oder Kapazitätshandelssystem

eine Anlage oder ein elektronisches Handelssystem für den Handel von Gasmengen oder -kapazitäten.

m) LNG-Anlage

schwimmende oder landgebundene stationäre Anlagen oder Systeme zur Verflüssigung von Gas nach § 3 Nr. 19a EnWG oder zur Einfuhr, Entladung und Wiederverdampfung von verflüssigtem Gas, einschließlich der Anlagenteile für Hilfsdienste und für die vorübergehende Speicherung von verflüssigtem Erdgas, die für die Wiederverdampfung und die anschließende Einspeisung in das Fernleitungsnetz erforderlich sind.

n) Ölförderanlage

eine Anlage zur Förderung von Rohöl aus einer Bohrung.

o) Raffinerie

eine Anlage zur Destillation oder Raffination oder sonstigen Weiterverarbeitung von Erdöl in Mineralölraffinerien im Sinne von Nummer 4.3 der Anlage 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung.

p) Mineralölfernleitung

eine Rohrfernleitung im Sinne der Rohrfernleitungsverordnung zum Transport von Öl oder von Flüssigkeiten oder Gasen aus der Verarbeitung von Öl.

q) Erdöl- und Erdölproduktenlager

eine Anlage zur Lagerung von Erdöl oder Mineralölprodukten.

r) Anlage oder System von Aggregatoren zum Vertrieb von Kraftstoff und Heizöl

eine Anlage oder ein IT-System, das zur Disposition insbesondere von Tankkraftwagen, Kesselwagen oder Binnenschiffen verwendet wird, mit dem Ziel, den Vertrieb von Kraftstoff oder Heizöl abzuwickeln, zu koordinieren oder zu optimieren, unabhängig davon, ob durch die Anlage oder das IT-System Verbraucher beliefert werden.

s) Tankstellennetz

eine Anlage oder ein System zur Verbindung voneinander unabhängiger Tankstellen oder Flugfeldbetankungsanlagen mittels zentraler Komponenten (beispielsweise physischer oder datentechnischer Verbindungen). Eine zentrale Komponente dient der zentralen Erbringung wichtiger Aufgaben für den Betrieb der Tankstellen oder Flugfeldbetankungsanlagen eines Tankstellennetzes zur Versorgung mit Kraftstoff.

t) Anlage oder System zur zentralen kommerziellen Steuerung

eine Anlage oder ein System zur zentralen Steuerung oder Koordinierung der Betriebsplanung einer oder mehrerer Anlagen oder zur kommerziellen Abwicklung für eine oder mehrere Anlagen, soweit diese zum Betrieb notwendig sind. Dazu zählen auch Clearing-Instanzen oder Kollaborationslösungen, die als Cloud-Lösung betrieben werden.

u) Heizwerk

eine Anlage zur Erzeugung von Wärme zur Belieferung von Endkunden im Sinne der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme

v) Heizkraftwerk

eine KWK-Anlage im Sinne des § 2 Nummer 14 des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes.

w) Fernwärmenetz

ein Netz zur Versorgung der Allgemeinheit mit Wärme.

3. Eine Anlage, die einer in Teil 3 Spalte B genannten Anlagenkategorie zuzuordnen ist, gilt ab dem 1. April des Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem ihr Versorgungsgrad den in Teil 3 Spalte D genannten Schwellenwert erstmals erreicht oder überschreitet, als Kritische Infrastruktur. Nicht mehr als Kritische Infrastruktur gilt eine solche Anlage ab dem 1. April des Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem ihr Versorgungsgrad den genannten Schwellenwert unterschreitet. Anlagen nach Teil 3 Nummer 2.2.4 gelten ab dem ersten Tag des dritten Kalendermonats, der auf den Kalendermonat folgt, in dem ihr Versorgungsgrad den in Teil 3 Spalte D genannten Schwellenwert erreicht oder überschreitet als Kritische Infrastruktur. Diese Anlagen gelten nicht mehr als Kritische Infrastruktur ab dem 1. April des Kalenderjahres, in dem ihr Versorgungsgrad den genannten Schwellenwert unterschreitet.

4. Der Betreiber hat den Versorgungsgrad seiner Anlage für das zurückliegende Kalenderjahr jeweils bis zum 31. März des Folgejahres zu ermitteln. Betreiber von Anlagen nach Teil 3 Nummer 2.2.4 haben den aktuellen Versorgungsgrad ihrer Anlage jeweils zur Inbetriebnahme und zum 31. März eines jeden Kalenderjahres zu ermitteln.

5. Ist der Versorgungsgrad anhand der Anzahl angeschlossener Haushalte zu ermitteln, ist der Versorgungsgrad zum 30. Juni des zurückliegenden Kalenderjahres maßgeblich.

6. Ist der Versorgungsgrad anhand der Kapazität (installierte Netto-Nennleistung) einer Anlage zu ermitteln, ist auf den rechtlich und tatsächlich möglichen Betriebsumfang der durch denselben Betreiber betriebenen Anlage abzustellen.

7. Stehen mehrere Anlagen derselben Art in einem engen räumlichen und betrieblichen Zusammenhang (gemeinsame Anlage) und erreichen oder überschreiten die in Teil 3 Spalte D genannten Schwellenwerte zusammen, gilt die gemeinsame Anlage als Kritische Infrastruktur. Ein enger räumlicher und betrieblicher Zusammenhang ist gegeben, wenn die Anlagen

a) auf demselben Betriebsgelände liegen,

b) mit gemeinsamen Betriebseinrichtungen verbunden sind,

c) einem vergleichbaren technischen Zweck dienen und

d) unter gemeinsamer Leitung stehen.

Teil 2: Berechnungsformeln zur Ermittlung der Schwellenwerte

8. Der für die Anlagenkategorien des Teils 3 Nummer 1.1.1 und 1.1.2 genannte Schwellenwert von 104 MW ist unter Annahme eines Durchschnittsverbrauchs von 1 815 kWh pro versorgter Person pro Jahr und eines Regelschwellenwertes von 500 000 versorgten Personen wie folgt berechnet:

900 GWh/Jahr ≈ 908 GWh/Jahr = 1 815 kWh / Jahr x 500 000

Die durchschnittliche elektrische Arbeit zur Versorgung von 500 000 Personen im Jahr entspricht im Falle der Nummern 1.1.1 und 1.1.2 einer installierten Netto-Nennleistung von:

104 MW ≈ (908 GWh/Jahr) / (8 760 h/Jahr)

Der Schwellenwert von 36 MW für zur Erbringung von Primärregelleistung präqualifizierter Anlagen ergibt sich aus Artikel 5 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2016/631 der Kommission vom 14. April 2016 zur Festlegung eines Netzkodex mit Netzanschlussbestimmungen für Stromerzeuger.

9. Der für die Anlagenkategorien des Teils 3 Nummer 1.4.1 genannte Schwellenwert ist unter Annahme eines Gesamthandelsvolumens rund 7 400 TWh und eines Durchschnittshandelsvolumens pro Person pro Jahr von 92,6 MWh und eines Regelschwellenwertes von 500 000 versorgten Personen wie folgt berechnet:

46,3 TWh ≈ 92,6 MWh/Jahr x 500 000

10. Der für die Anlagenkategorien des Teils 3 Nummer 2 genannte Schwellenwert ist unter Annahme eines Durchschnittsverbrauchs von 10 380 kWh pro versorgter Person pro Jahr und eines Regelschwellenwertes von 500 000 versorgten Personen wie folgt berechnet:

5 190 GWh/Jahr = 10 380 kWh/Jahr x 500 000

11. Der für die Anlagenkategorien des Teils 3 Nummer 3.1.2, 3.1.3, 3.2.2, 3.2.3, 3.3.1 und 3.3.3 genannte Schwellenwert ist unter Annahme einer durchschnittlichen Produktionsmenge von 0,84 Tonnen Kraftstoff zur Versorgung einer Person pro Jahr und eines Regelschwellenwertes von 500 000 versorgten Personen wie folgt berechnet:

420 000 t/Jahr = 0,84 t/Jahr x 500 000

12. Der für Erdöl in den Anlagenkategorien des Teils 3 Nummer 3.1.1, 3.1.3, 3.2.1, 3.2.2, 3.2.3 und 3.4.1 genannte Schwellenwert ist unter Annahme einer durchschnittlichen Produktionsmenge von 1,24 Tonnen leichtem Heizöl zur Versorgung einer Person pro Jahr und damit einer durchschnittlichen Gesamtproduktionsmenge von 620 000 Tonnen leichtem Heizöl für 500 000 versorgte Personen sowie unter der Annahme, dass aus einer Tonne Rohöl etwa 0,14 Tonnen leichtes Heizöl hergestellt werden, wie folgt berechnet:

4 400 000 t/Jahr = 620 000 t/Jahr / 0,14

13. Der für Kraftstoff in den Anlagenkategorien des Teils 3 Nummer 3.1.2, 3.1.3, 3.2.1, 3.2.2, 3.2.3, 3.3.1, 3.3.2, 3.3.3 und 3.4.1 genannte Schwellenwert ist unter Annahme einer durchschnittlichen Produktionsmenge von 0,84 Tonnen Kraftstoff zur Versorgung einer Person pro Jahr und eines Regelschwellenwertes von 500 000 versorgten Personen wie folgt berechnet:

420 000 t/Jahr = 0,84 t/Jahr x 500 000

14. Der für Flugkraftstoff in den Anlagenkategorien des Teils 3 Nummer 3.1.2, 3.1.3, 3.2.1., 3.2.2, 3.2.3, 3.3.1, 3.3.2, 3.3.3 und 3.4.1 genannte Schwellenwert ist unter Annahme eines Durchschnittsverbrauchs einer Person pro Jahr von 0,1275 Tonnen Flugkraftstoff und eines Regelschwellenwertes von 500 000 versorgten Personen wie folgt berechnet:

63 750 t/Jahr = 0,1275 t/Jahr x 500 000

15. Der für Heizöl in den Anlagenkategorien des Teils 3 Nummer 3.1.2, 3.1.3, 3.2.1, 3.2.2, 3.2.3, 3.3.1, 3.3.3 und 3.4.1 genannte Schwellenwert ist unter Annahme einer durchschnittlichen Produktionsmenge von 1,24 Tonnen leichtem Heizöl zur Versorgung einer Person pro Jahr und eines Regelschwellenwertes von 500 000 versorgten Personen wie folgt berechnet:

620 000 t/Jahr = 1,24 t/Jahr x 500 000

Teil 3: Anlagenkategorien und Schwellenwerte

Spalte ASpalte BSpalte CSpalte D
Nr.AnlagenkategorieBemessungskriteriumSchwellenwert
1.Stromversorgung
1.1Stromerzeugung
1.1.1Erzeugungsanlage
Installierte Nettonennleistung (elektrisch oder direkt mit Wärmeauskopplung verbundene elektrische Wirkleistung bei Wärmenennleistung ohne Kondensationsanteil) in MW oder
104
1.1.2.Erzeugungsanlage mit Wärmeauskopplung (KWK-Anlage)installierte Netto-Nennleistung (direkt mit Wärmeauskopplung verbundene elektrische Wirkleistung bei Wärmenennleistung ohne Kondensationsanteil) in MW420
1.1.3Dezentrale Energieerzeugungsanlageinstallierte Netto-Nennleistung (elektrisch) in MW420
1.1.4Speicheranlageinstallierte Netto-Nennleistung (elektrisch) in MW420
1.1.5Anlage oder System zur Steuerung/Bündelung elektrischer Leistunginstallierte Netto-Nennleistung (elektrisch) in MW420
1.2Stromübertragung
1.2.1ÜbertragungsnetzDurch Letztverbraucher und Weiterverteiler entnommene Jahresarbeit in GWh/Jahr3 700
1.2.2Zentrale Anlage und System für den Stromhandel, soweit diese den physischen kurzfristigen Spothandel und das deutsche Marktgebiet betreffenHandelsvolumen an der Börse in TWh/Jahr200
1.3Stromverteilung
1.3.1VerteilernetzDurch Letztverbraucher und Weiterverteiler entnommene Jahresarbeit in GWh/Jahr3 700
1.3.2MessstelleLeistung der angeschlossenen Verbrauchsstelle beziehungsweise Einspeisung in MW420
2.Gasversorgung
2.1Gasförderung
2.1.1GasförderanlageEnergie des geförderten Gases in GWh/Jahr5 190
2.1.2GasspeicherEntnommene Arbeit in GWh/Jahr5 190
2.2Gastransport
2.2.1FernleitungsnetzDurch Letztverbraucher und Weiterverteiler entnommene Jahresarbeit in GWh/Jahr5 190
2.3Gasverteilung
2.3.1GasverteilernetzEntnommene Arbeit in GWh/Jahr5 190
3.Kraftstoff- und Heizölversorgung
3.1Rohölförderung und Rohölproduktenherstellung
3.1.1ÖlförderanlageGefördertes Rohöl in Tonnen/Jahr4,4 Millionen
3.1.2Erzeugter Kraftstoff in Tonnen/Jahr

oder

Erzeugtes Heizöl in Tonnen/Jahr
420 000*





620 000
3.2Öltransport
3.2.1MineralölfernleitungTransportierte Rohölmenge oder Produktenmenge in Tonnen/Jahr4,4 Millionen
3.2.2Öl- und ProduktenlagerUmgeschlagene Rohölmenge in Tonnen/Jahr

oder

Umgeschlagene Menge Kraftstoff in Tonnen/Jahr

oder

Umgeschlagene Menge Heizöl in Tonnen/Jahr
4,4 Millionen




420 000*






620 000
3.2.3Anlage zur zentralen standortübergreifenden SteuerungGesamtmenge der transportierten
Rohölmenge oder Produktenmenge
in Tonnen/Jahr

oder

Gesamtmenge der umgeschlagenen Rohölmenge in Tonnen/Jahr

oder

Gesamtmenge der umgeschlagenen Menge Kraftstoff in Tonnen/Jahr

oder

Gesamtmenge der umgeschlagenen Menge Heizöl in Tonnen/Jahr
4,4 Millionen







4,4 Millionen







420 000*







620 000
3.3Kraftstoff- und Heizölverteilung
3.3.1Anlage oder System von
Aggregatoren zum Vertrieb von Kraftstoff und Heizöl
Gesamtmenge der verteilten Menge Kraftstoff in Tonnen/Jahr

Gesamtmenge der verteilten Menge Heizöl in Tonnen/Jahr
420 000*



620 000
3.3.2TankstellennetzVerteilte Menge Kraftstoff in Tonnen/Jahr420 000*
3.3.3Anlage zur zentralen standortübergreifenden SteuerungGesamtmenge der verteilten Menge Kraftstoff in Tonnen/Jahr

Gesamtmenge der verteilten Menge Heizöl in Tonnen/Jahr
420 000*



620 000
4.Fernwärmeversorgung
4.1Erzeugung von Fernwärme
4.1.1HeizwerkAusgeleitete Wärmeenergie in GWh/Jahr2 300
4.1.2HeizkraftwerkAusgeleitete Wärmeenergie in GWh/Jahr2 300
4.2Verteilung von Fernwärme
4.2.1FernwärmenetzAngeschlossene Haushalte250 000

* ≈ 420 Millionen Liter